5  Einleitung, Hauptteil und Schlussteil

First you tell them what you’re going to tell them; then you tell them; then you tell them what you told them.(Reid 2010, 18)

Keywords
  • Aufgaben und Funktionen von Einleitung, Hauptteil und Schlussteil
  • Mustereinleitungen
  • Create a Research Space (CARS)
  • Haupt- und Untertitel
  • Abstracts

5.1 Überblick

Die Leser:innen sollten nach dem Lesen der bisherigen Kapitel wissen, was Politikwissenschaft ist und was ein politikwissenschaftliches Problem bzw. Puzzle auszeichnet. Sie sollten in der Lage sein, aus einem solchen Puzzle ein Erkenntnisinteresse abzuleiten und daraus eine Forschungsfrage zu formulieren. Darüber hinaus sollten sie diese Forschungsfrage mittels Hypothesen beanworten können bzw. durch die Beantwortung der Forschungsfrage(n) zu einer These kommen. Im letzten Kapitel haben sie nun gelernt, auf welchen Ebenen einer Arbeit Argumente zu finden sind und aus welchen Elementen sich diese Argumente zusammensetzen. Sie wissen, wie man einen Absatz aufbaut und welche Rolle dabei der topic sentence und das Konzept von parallel construction spielt. Zudem kennen sie die Aufgabe eines Storyboards bzw. eines Outlines und sind daher in der Lage, einen politikwissenschaftlichen Text zu strukturieren.

Ziel dieses Kapitel ist es nun, dieses Wissen zusammenzufassen und auf die einzelnen Teile einer Arbeit anzuwenden. Dabei wird in einem ersten Schritt gezeigt, welche Rolle die Einleitung bei einem Text spielt und aus welchen unabdingbaren Elementen eine Einleitung aufgebaut ist. Im zweiten Schritt wird gezeigt, welche Funktion der Hauptteil einer Arbeit hat und aus welchen Kapiteln dieser Hauptteil bestehet. Ergänzend dazu wird gezeigt, welche Funktion der Schlussteil übernimmt und wie man diesen konzipiert. Im dritten und letzten Schritt werde ich darlegen, welche Aufgabe dem Titel einer Arbeit zukommt und wie man einen Titel gestaltet. Zudem werde ich zeigen, wie Abstracts aufgebaut sind und warum diesen eine ähnliche Funktion wie einer Einleitung zukommt, sie sich aber trotzdem davon unterscheiden.

5.2 Einleitung

Wissenschaftliche Texte bestehen vereinfacht gesagt aus drei Teilen: der Einleitung, dem Hauptteil und dem Schlussteil. Während die Einleitung (die auch meistens so bezeichnet wird) und der Schlussteil (dieser Teil trägt meist die Bezeichnung “Conclusion”, “Schlussfolgerungen” oder “Zusammenfassung und Ausblick”) jeweils ein eigenes Kapitel sind, besteht der Hauptteil (der nie so bezeichnet wird) aus mehreren Kapiteln. Allen drei Teilen einer Arbeit kommt eine spezielle Aufgabe zu, die mit dem folgenden englischen Zitat gut zusammengefasst werden: “First you tell them what you’re going to tell them; then you tell them; then you tell them what you told them(Reid 2010, 18).

Die Aufgabe der Einleitung besteht darin, dem ersten Teil dieses Zitats gerecht zu werden (“you tell them what you’re going to tell them”). Nach Little (2016, 3) muss die Einleitung vor allem drei Ziele erreichen: (1) Leser:innen in das Thema der Arbeit einführen, (2) darlegen, warum die bisherigen Arbeiten zu dem Thema unzureichend sind und (3) den eigenen Ansatz und die Ergebnisse präsentieren. Wie Lipson (2005, 160) argumentiert, muss es Autor:innen in der Einleitung gelingen, genügend Aufmerksamkeit auf den ersten Seiten zu generieren, damit die Leser:innen auch den restlichen Text lesen.

Um Leser:innen bereits auf der ersten Seite der Einleitung zu fesseln, schlägt Little (2016, 4–6) drei unterschiedliche Muster für die Gestaltung einer Einleitung vor, um dieses Ziel zu erreichen (siehe Tabelle 5.1). Beim ersten Muster versuchen Autor:innen zunächst Fakten zu einem Thema zu präsentieren. Im zweiten Schritt zeigen sie dann, wie die bestehende Forschung nicht ausreichend in der Lage ist, diese Fakten und Phänomene zu erklären, um dann im dritten Schritt den eigenen Ansatz als jenen zu präsentieren, der diese Forschungslücke schließt.

Beim zweiten Muster zeigen die Autor:innen auf, wie ein wichtiges Thema ausreichend von der Forschung bearbeitet wurde. Im zweiten Schritt legen sie aber dar, dass es trotz des umfassenden Wissens etwas gibt, was noch unerforscht ist oder bisher falsch verstanden wurde. Im dritten Schritt wird dann argumentiert, inwiefern der vorliegende Beitrag diese Unzulänglichkeit behebt.

Beim dritten möglichen Muster zeigen die Autor:innen, dass die Forschung zu einem Themenbereich widersprüchlich ist bzw. dass es keinen Konsens zu einem Phänomen gibt. Aufgabe der Autor:innen im betreffenden Text ist es nun entweder durch neue Fallstudien oder eine neue Argumentation eine der Seiten in der Debatte zu stärken oder zu versuchen, diesen Widerspruch auf eine andere Art und Weise zu lösen.

Tabelle 5.1: Muster einer Einleitung nach Little (2016)
Muster Elemente
Muster 1 (1) Beschreibung eines Phänomens
(2) bestehende Forschung kann dieses Phänomen schlecht erklären
(3) Beitrag versucht, diese Forschungslücke zu schließen
Muster 2 (1) Thema ist wichtig und bereits sehr gut erforscht
(2) es gibt aber etwas, dem bisher zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde
(3) Beitrag versucht, diesen bisher unterforschten Aspekt zu beleuchten
Muster 3 (1) Debatte zu einem Thema ist widersprüchlich
(2) Beitrag versucht, durch eine neue Fallstudie bzw. eine neue Argumentation entweder eine Seite in der Debatte zu stützen oder den Widerspruch aufzulösen

Unabhängig davon, welches der drei Muster man wählt, oder ob man sich entscheidet, sie geschickt miteinander zu verbinden, sind in einer Einleitung sieben Elemente unverzichtbar und sollten daher vorkommen:

Elemente einer guten Einleitung
  1. Hinführung zum Thema;
  2. kurzer literature review mit dem Aufzeigen der Forschungslücke;
  3. Darlegung des Problems bzw. Puzzles;
  4. Ableitung des Erkenntnisinteresses (inkl. der Forschungsfrage(n));
  5. kurze Vorstellung des theoretischen Ansatzes und des Forschungsdesigns;
  6. Präsentation der Ergebnisse (bzw. der (Makro)These(n)) und die Implikationen des Beitrags für die Forschung und die reale Welt;
  7. Vorgehensweise.

Dabei ist die Reihenfolge dieser Elemente nicht fest vorgegeben, wobei gewisse Elemente (wie die Hinführung zum Thema oder die Vorgehensweise) einen festen Platz haben.

Bei der Hinführung geht es zunächst darum, die Leser:innen in die Thematik eines Textes einzuführen und ihnen den Kontext darzulegen. Aufbauend darauf wird mit einem kurzen literature review gezeigt, wie die Forschung zu diesem Thema aktuell beschaffen ist und welche Forschungslücke es in diesem Bereich noch gibt. Wie Reid (2010, 162) in diesem Zusammenhang zurecht darauf verweist, liegt die Kunst dieses Abschnittes darin, Hinführung und literature review so knapp und kondensiert wie möglich zu gestalten, um rascher zum eigentlichen Punkt, nämlich dem Problem/Puzzle zu kommen und daraus das Erkenntnisinteresse inkl. Forschungsfrage(n) abzuleiten. Ziel dieser ersten vier Schritte ist es laut Reid (2010, 161), “[to, FE] create a research space” (CARS). Dabei geht es um folgendes: “establishing a territory, then establishing a niche, and then ‘occupying’ the niche.” Man versucht mit Hilfe von CARS also, ein Thema aufzubereiten, innerhalb dieses Themas eine Forschungslücke zu identifizieren und diese dann mit einem eigenen Erkenntnisinteresse zu besetzen. Diese Darlegung des Erkenntnisinteresses ist laut Reid (2010, 162) jener Teil des Textes, der ihn rahmt. Ähnlich wie ein topic sentence die Struktur eines Absatzes vorgibt, rahmt dieses “purpose statement” (also Erkenntnisinteresse und Forschungsfrage(n)) die gesamte Arbeit.

Im fünften Schritt müssen Autor:innen daher darlegen, mit welchen theoretischen Konzepten und methodischen Instrumenten (dh welchem Forschungsdesign) sie nach Antworten auf das Erkenntnisinteresse suchen wollen. Mit dem sechsten Schritt, der Präsentation der These bzw. der Ergebnisse und den Implikationen einer Arbeit, kommt man schließlich zum Herzstück der Einleitung (Lipson 2005, 165–66). Damit wird den Leser:innen bereits am Beginn des Textes verdeutlicht, in welche Richtung sich die Argumentation im Hauptteil entwickeln wird. Gute wissenschaftliche Texte versuchen die Ergebnisse nicht so lange wie möglich zu verstecken, um Spannung aufzubauen. Vielmehr präsentieren sie diese gleich zu Beginn des Textes in der Einleitung, damit es den Leser:innen leichter gemacht wird, die anschließende Argumentation im Hauptteil nachvollziehen zu können.

Wissenschaftliche Texte gleichen daher nicht so sehr klassischen englischen Krimis wie jenen von Agatha Christie, bei denen die Lösung eines Mordes stets erst am Schluss durch die umtriebige Rentnerin Miss Marple oder den schrulligen belgischen Detektiv Hercule Poirot erfolgt. Die Spannung dieser Krimis liegt darin, dass sich die Leser:innen bis zum Schluss selber als Detektiv:innen betätigen und versuchen können, den Fall zu lösen. Wissenschaftliche Texte gleichen viel mehr einem Columbo-Krimi. Bei diesen Krimis erfahren die Zuseher:innen gleich zu Beginn der Serie, wer der oder die Mörder:in ist, warum er oder sie es getan hat und wie der Mord genau umgesetzt wurde. Die Spannung dieser Krimi-Reihe liegt darin, wie es der kauzige Inspektor Columbo mit seinem Hund schafft, dem/der Täter:in auf die Spur zu kommen.

Politikwissenschaftliche Texte sollten daher so wie ein Columbo-Krimi aufgebaut sein. Die Leser:innen sollten durch die Präsentation der These bzw. der Ergebnisse in der Einleitung bereits zu Beginn des Textes wissen, in welche Richtung die Argumentation geht, um diese besser nachvollziehen und kritisieren zu können. Daher muss im letzten Schritt der Einleitung auch die Vorgehensweise präsentiert werden, indem die Autor:innen den Leser:innen genau darlegen, wie die Argumentation im Hauptteil aufgebaut ist. Es empfiehlt sich hier nicht nur jedes Kapitel zu nennen, sondern auch die zentralen Botschaften der Kapitel kurz anzuführen.

Eine gute Einleitung ist zudem jener Teil eines wissenschaftlichen Textes, der mindestens zweimal geschrieben wird (Turabian 2007, 64; Little 2016, 2). Am Beginn des Forschungsprozesses sollten Autor:innen für sich eine Einleitung verfassen, damit sie wissen, in welche Richtung sie forschen wollen. Das heißt, man sollte das im vorigen Kapitel erwähnte Storyboard am Beginn des Schreibprozesses in eine erste grobe Form einer Einleitung umwandeln. Am Ende des Forschungsprozesses, wenn der wissenschaftliche Text fertig geschrieben wurde, wird die Einleitung ein zweites Mal geschrieben, in dem der ursprüngliche Text überarbeitet und an die finalen Ergebnissen und Analyseschritte angepasst wird.

Wie eine gute Einleitung in der Praxis aussieht, möchte ich anhand des folgenden Beispiels von Saltzman (2012) und seinem Text “Softbalancing as Foreign Policy: Assessing American Strategy toward Japan in the Interwar Period” darlegen. Saltzman beginnt die Einleitung mit dem Satz: “In recent years, we have witnessed a heated debate concerning the place and the actual legitimacy of soft balancing in International Relations (IR) scholarship.” Dieser Satz ist zunächst ein perfekter topic sentence, weil er bei den Leser:innen die Erwartungshaltung erzeugt, dass sie in weiterer Folge mehr Informationen über diese Debatte erhalten. Mit diesem Satz gelingt es dem Autor aber auch, die Leser:innen direkt in das Thema (nämlich “soft-blancing in IR”) einzuführen, ohne viel an Platz zu verschwenden. Bereits mit dem nächsten Satz (“Critics point out that soft balancing is methodologically degenerative and that it is merely an ad-hoc explanation rather than a coherent theoretical concept.”) zeigt Saltzman in einem kurzen literature review, wie die Kritiker:innen dieses Konzepts argumentieren und führt in weiterer Folge Beispiele dafür an.

Abbildung 5.1: Saltzman (2012). “Sofbalancing as Foreign Policy”

Nachdem Saltzman die zentralen Kritikpunkte der Kritiker:innen in der Debatte inklusive einiger Beispiele dargelegt hat, schließt er diesen Gedankengang ab und beginnt den folgenden Absatz mit einem neuen topic sentence, indem er nun die andere Seite in der Debatte – die Befürworter:innen – zu Wort kommen lässt: “On the other hand, proponents of this concept insist that soft balancing is crucial for the understanding of contemporary balancing behavior vis-à-vis the United States.” Auch in diesem Absatz geht Saltzman mit Hilfe von parallel construction, ähnlich wie schon im Absatz davor, vor und legt zunächst die zentralen Punkte der Befürworter:innen dar, um anschließend konkrete Beispiele zu nennen.

Saltzman geht bei dieser Einleitung also nach dem Muster 3 von Little (2016) vor und zeigt, dass es in einem Themenfeld einen Widerspruch gibt, den er nun im nächsten Absatz zu lösen versucht. Er beginnt diesen dritten Absatz daher mit einem neuerlichen topic sentence, der diesen Widerspruch wunderbar einleitet “Despite the fact that recent studies significantly advanced our understanding of what constitutes soft balancing, two key elements are still missing from the related literature.” Den Leser:innen wird also vermittelt, dass es ein Puzzle gibt, das aus zwei Teilen besteht. Diese beiden Teile werden im dritten (“First, we still lack an accepted definition of the concept that is further differentiated from balance of power theory and its underlying logic.”) und vierten Absatz (“Second, previous studies provided an unsatisfactory analysis of soft-balancing patterns prior to the post-Cold War era or soft-balancing practices employed against powers other than the United States, elements that could confirm that the term is historically valid rather than an ad-hoc explanation as its critics maintain.”) wiederum mit Hilfe von parallel construction auf ähnliche Art und Weise vorgestellt, indem zunächst ein Teil des Puzzles allgemein dargelegt wird, bevor anschließend konkrete Beispiele dafür genannt werden.

Im fünften Absatz präsentiert Saltzman nun sein Erkenntnisinteresse (“Consequently, this article’s major objective is twofold: (i) to separate soft balancing from balance of power theory in order to enhance its conceptual standing; and (ii) to apply the”soft-balancing proposition” to a pre-Cold War historical case in order to show that it is a distinct foreign policy strategy.”), das er direkt mit dem Ergebnis bzw. der These (“From this analysis, it becomes clear that soft balancing is not only a legitimate conceptual term, but also that it should not be limited to describe global reactions to American preeminence in the post-Cold War era.”) seines Beitrages vermischt.

Im sechsten und letzten Absatz bleibt daher nur noch die Vorgehensweise offen, die der Autor wiederum mit einem wunderbaren topic sentence (“This article is laid out in five sections.”) einleitet. Direkt anschließend nutzt er wiederum das Konzept von parallel construction, um die einzelnen Analyseschritte darzulegen und zusammenzufassen (“The first defines … The second explains … The third and forth sections illustrate … And the final part presents”.).

Das Element, das Saltzman hier in seiner Einleitung nicht nutzt, ist die kurze Diskussion von Theorie und Forschungsdesign. Da es sich bei diesem Beitrag unter anderem um eine Diskussion eines theoretischen Konzeptes (“soft-balancing”) handelt, muss der Autor in der Einleitung aber nicht explizit auf dieses Konzept in einem eigenen Absatz eingehen, sondern kann es bei der Diskussion der Literatur in den ersten beiden Absätzen belassen. Auch eine explizite Diskussion des Forschungsdesigns erübrigt sich, nachdem der Autor die Leser:innen bereits bei der Formulierung des Erkenntnisinteresse wissen hat lassen, dass er sich die USA als Urheber von soft-balancing genauer anschauen wird.

Saltzmans Einleitung ist daher eine mustergültige Einleitung, weil es ihm mit nur sechs Absätzen gelingt, alle geforderten Elemente einer guten Einleitung so miteinander zu verbinden, dass die Leser:innen von Beginn an wissen, um was es in diesem Aufsatz geht und was sie in weiterer Folge erwartet. Saltzman hat es also geschafft, die erste Anforderung an einen wissenschaftlichen Text (“First you tell them what you’re going to tell them”) zu erfüllen.

5.3 Hauptteil und Schlussteil

Nachdem in der Einleitung dargelegt wurde, was die Leser:innen genau erwartet, geht es im Hauptteil darum, diese Erwartungshaltung auch zu erfüllen, indem man den Leser:innen alle Schritte der Argumentation logisch aufeinander aufbauend präsentiert (“then you tell them”). In den Hauptteil kommen somit all jene Teile eines Textes, die zwischen Einleitung und Schlussfolgerungen zur Beantwortung des Erkenntnisinteresses notwendig sind (Reid 2010, 167). Nach Powner (2015, 207) finden sich im Hauptteil einer (empirischen) Arbeit für gewöhnlich vier Kapitel:

Kapitel des Hauptteils
  1. ein ausführlichr literature review;
  2. der theoretische Teil;
  3. die umfangreiche Darlegung des Forschungsdesign;
  4. die Analyse und Diskussion der Ergebnisse der Arbeit.

Die Aufgabe des literature reviews ist es, den Forschungsstand und die Forschungslücke noch einmal ausführlich darzulegen und zu zeigen, wie die Debatte im entsprechenden Themenfeld bisher aussieht. Anschließend gilt es den theoretischen Rahmen darzulegen, mit dem man die ausgewählte Fallstudie bearbeiten möchte. Dabei kann es durchaus vorkommen, dass man die Diskussion über den Forschungsstand mit dem theoretischen Teil vermischt und daraus ein gemeinsames Kapitel macht.

Jedenfalls in ein eigenes Kapitel gehört das Forschungsdesign. In diesem Teil der Arbeit gilt es nun die Fallauswahl zu argumentieren, darzulegen welche Daten wie dafür erhoben wurden und mit welchen methodischen Instrumenten man diese Daten auswertet. Aufgabe des folgenden Kapitels ist es dann, die Ergebnisse dieser Auswertung vor dem Hintergrund des Erkenntnisinteresses und des theoretischen Rahmen zu analysieren und diskutieren.

Mit der Analyse und der Diskussion der Ergebnisse ist der Hauptteil beendet und es geht in den Schlussfolgerungen nur mehr darum, den Leser:innen noch einmal zusammenfassend mitzuteilen, was sie gelesen haben (“then you tell them what you told them.”). Die Schlussfolgerungen (oft auch als “Conclusion” bezeichnet) sind ähnlich aufgebaut wie eine Einleitung und folgen einem bestimmen Schema. Zunächst gilt es noch einmal kurz das Erkenntnisinteresse und die Forschungsfrage(n) aufzugreifen. Dann werden die Ergebnisse der Arbeit in Kürze zusammengefasst und die Implikationen der Arbeit für die weitere Forschung diskutiert. Abschließend werden offene und in dieser Arbeit nicht gelöste Fragen thematisiert und mögliche Richtungen, die die Forschung in Zukunft nehmen könnte (“further research”), thematisiert (Lipson 2005, 171; Powner 2015, 210).

Alles in allem sollten die Schlussfolgerungen nicht länger als eine bis maximal zwei Seiten sein und zwischen drei und fünf Absätze umfassen. Wichtig ist zudem, dass in den Schlussfolgerungen keine neuen Informationen eingebaut werden dürfen (Reid 2010, 170). Es geht in diesem Teil der Arbeit nur darum, das bisher Diskutierte final zusammengefasst noch einmal zu präsentieren, aber nicht darum, neue Fakten oder Argumente in die Diskussion zu bringen. In den Schlussfolgerungen wird daher bewusst auf Redundanz gesetzt, das heißt, bereits aus dem Text bekanntes wiederholt und noch einmal resümiert.

Abbildung 5.2 fasst die einzelnen Teile einer Arbeit und deren zentralen Elemente noch einmal zusammen. Diese Darstellung soll jedoch nicht den Eindruck vermitteln, dass alle Texte nach einem unveränderlichen Schema aufgebaut sein müssen. Auch wenn die einzelnen Elemente an sich und deren Zugehörigkeit zu den Teilen einer Arbeit nicht wirklich umstritten sind, ist die Frage, in welcher Reihenfolge man sie anordnet und ob man das eine oder andere Element miteinander verbindet, durchaus flexibel zu handhaben. Es hängt von den Autor:innen und ihren Vorstellungen ab, wie man die eigene Arbeit am besten strukturiert und die Argumentation am idealsten aufbaut. Nichtsdestotrotz findet man dieses Schema mit leichten Abwandlungen in vielen politikwissenschaftlichen Texten wieder.

Abbildung 5.2: Struktur eines wissenschaftlichen Aufsatzes

5.4 Titel und Abstract

Mit Einleitung, Hauptteil und Schlussteil wurde der überwiegende Teil des “eigentlichen Textes”1 einer wissenschaftlichen Arbeit behandelt. Mit Titel und Abstract fehlen noch die letzten Bausteine, um den Text zu vervollständigen. Der Titel eines Textes ist das erste Element, das Leser:innen zu sehen bekommen und oft entscheidend dafür, ob die Leser:innen sich mit einem Text weiter auseinandersetzen oder nicht. Es ist für Autor:innen daher von zentraler Bedeutung, den Titel einer Arbeit so zu wählen, dass er zwei Anforderungen erfüllt. Erstens muss ein Titel bei den Leser:innen die Neugierde bzw. das Interesse wecken, und zweitens sollte ein Titel so viel Information wie möglich, in so wenig Wörtern wie notwendig, transportieren.

  • 1 Ein wissenschaftlicher Text besteht neben Einleitung, Hauptteil und Schlussteil und dem Titel und Abstract oft auch noch aus anderen Teilen, wie zum Beispiel Verzeichnissen (Inhaltsverzeichnis, Abbilundungs- und Tabellenverzeichnissen, Literaturverzeichnis) und Anhängen. Während Einleitung, Hauptteil, Schlussteil, Titel und Abstract als die “eigentlichen Teile” des Textes gelten, gehören Verzeichniss und Anhänge zu den zusätzlichen oder ergänzenden Teile eines wissenschaftlichen Textes.

  • Um diese beiden Ziele zu erreichen, sollten Autor:innen zunächst nur mit einem rudimentären “Arbeitstitel” beginnen und erste im Zuge des Schreibprozesses darüber nachdenken, wie der genaue Titel lauten sollte. Gute Titel sind nämlich in der Lage, nicht nur das Thema einer Arbeit, sondern auch die zentralen Aspekte und Keywords bzw. die Makrothese zu vermitteln (Lipson 2005, 183; Reid 2010, 108). Titel sollten aber nicht über mehrere Zeilen lang sein und nicht mit zu langen und komplexen Wörtern überfrachtet werden. Es empfiehlt sich daher, den Titel einer Arbeit in einen Haupt- und einen Untertitel zu unterteilen. Der Haupttitel ist dabei meist kurz und prägnant und versucht den Kernaspekt einer Arbeit wiederzugeben. Der Untertitel darf hingegen etwas länger sein und mehr Details zur Arbeit verraten.

    Zwei Beispiele aus dem Bereich der Internationalen Beziehungen illustrieren die Anforderungen an gute Titel sehr deutlich. Andrew Moravcsik (1997) ist es mit seinem Beitrag “Taking Preferences Seriously: A Liberal Theory of International Politics” nicht nur gelungen, einen Grundlagentext des Faches zu schreiben. Er hat es auch geschafft, die Kernbotschaft seines Beitrags im Haupt- und Untertitel treffend zusammenzufassen. Mit dem Haupttitel “Taking Preferences Seriously” schafft es Moravcsik, sein Kernargument, nämlich dass Präferenzbildungsprozesse ausschlaggebend für das Verständnis von internationalen Beziehungen sind, unterzubringen. Mit dem Untertitel “A Liberal Theory of International Politics” gibt er den Leser:innen darüber hinaus weitere Informationen, indem er sein Argument als alternativen Erklärungsansatz zu den Klassikern Theory of International Politics von Kenneth Waltz (1979) und Social Theory of International Politics von Alexander Wendt (2010) positioniert.

    Das zweite Beispiel stammt aus einem Beitrag von Oneal, Russett, und Berbaum (2003) in der Zeitschrift International Studies Quarterly. Der Titel “Causes of Peace: Democracy, Interdependence, and International Organizations” gibt sowohl Auskunft über das Erkenntnisinteresse (“Causes of Peace” – Welche Ursachen hat Frieden?), als auch über die Antwort auf diese Frage (“Democracy, Interdependence, and International Organizations” – Demokratie, Interdependenz und die Teilnahme an internationalen Organisationen tragen zum Frieden bei). Damit können die Leser:innen schon allein durch den Titel (ein gewisses Vorwissen vorausgesetzt) das Kernargument des Aufsatzes erfassen und auf Basis dieser Informationen entscheiden, ob der Beitrag für sie relevant ist oder nicht.

    Die Relevanz eines Beitrages wird von Leser:innen oft schon durch den Titel beurteilt. Es ist daher unumgänglich, dem Titel genügend Zeit zu widmen, um in der Endfassung einer Arbeit den beiden Anforderungen für einen guten Titel – Interesse zu wecken und maximale Information mit einem Minimum an Wörtern zu transportieren – gerecht zu werden.

    Damit fehlt nur mehr der Abstract als letztes Element des “eigentlichen Textes”. Auch wenn Abstracts, die direkt nach dem Titel und direkt vor der Einleitung platziert sind, eine ähnliche Aufgabe erfüllen wie die Einleitung, sind Abstracts unabhängig von Einleitungen zu betrachten (Reid 2010, 161). Ein guter Abstract sollte ähnlich wie eine Einleitung zwei mal geschrieben werden: am Beginn des Forschungsprozesses als grobe Orientierung für die Autor:innen, und am Ende des Schreibprozesses, wenn der Text fertig ist (Powner 2015, 207). Sinn und Zweck des Abstracts ist es, den Leser:innen die Quintessenz des Beitrages in so wenig Wörtern wie möglich näher zu bringen. Für Abstracts gibt es eine sehr streng limitierte Obergrenze von Wörtern, die meist zwischen 150 und 250 liegt.

    Nach Powner (2015, 208) sollten in einem Abstract die folgenden Elemente zu finden sein:

    Elemente eines guten Abstracts
    1. Erkenntnisinteresse/Forschungsfrage;
    2. wissenschaftlicher Kontext/Thema/Forschungslücke;
    3. Makrothese;
    4. Forschungsdesign;
    5. Ergebnisse;
    6. Relevanz des Beitrages für die Forschung.

    Idealerweise braucht ein guter Abstract genau einen Satz für jedes dieser Elemente.

    Der Abstract aus dem Beitrag von Michael E. Flynn (2014) “Military Leadership, Institutional Change, and Priorities in Military Spending” zeigt, wie man einen Abstract nach diesem Konzept aufbauen kann. Flynn beginnt seinen Abstract direkt mit der Forschungsfrage: “How does political competition among domestic actors influence foreign policy choice?” Anschließend bettet er dieses Erkenntnisinteresse in den wissenschaftlichen Kontext ein und zeigt die Forschungslücke auf: “Studies examining these questions often focus on the role of economic or partisan interests, and how they influence the preferences of decision makers who are subject to electoral institutions and pressures of their constituents. Less attention has been paid to how the preferences of other influential but unelected actors influence state behavior.”

    Anschließend legt er dar, welches Forschungsdesign bzw. welche Fallstudie er verwendet, um diese Frage zu beantworten und präsentiert dabei auch seine Makrothese: “I examine the influence of one such group by looking at how American military leaders shape decisions on military spending and force structure, while also examining how these decisions have been affected by changes to the institutions governing civil–military relations.” Abschließend zeigt er die Ergebnisse seiner Studie: “Results indicate that military leaders occupying key positions can influence defense spending priorities in favor of their respective branches. Results also suggest the influence of military leaders has changed and is conditional upon the institutions governing the relationships between civilian decision makers and military leaders.”

    Flynn schafft es mit diesem Abstract in nur sechs Sätzen, die zentralen Punkte seiner Studie zu vermitteln und damit fast alle Elemente eines guten Abstracts (bis auf die Relevanz seiner Forschung) nach Powner (2015, 208) aufzunehmen.

    5.5 Zusammenfassung

    Ziel dieses Kapitels war es, den Leser:innen die zentralen Elemente eines wissenschaftlichen Textes zu vermitteln. Sie haben gelernt, welche Aufgaben und Funktionen Einleitung, Hauptteil und Schlussteil haben, und wie man den Titel und den Abstract einer Arbeit gestaltet. Damit verfügen die Leser:innen über alle relevanten Informationen, um die “eigentlichen Teile” eines wissenschaftlichen Textes zu verfassen. In weiterer Folge wird das Augenmerk daher auf die Techniken und Instrumente gelegt, um Literatur zu finden, zu verarbeiten, zu zitieren und Forschungsergebnisse zu präsentieren.

    Weiterführende Informationen

    Literaturtipps und Arbeitsmaterialien

    Antwort (a). Der Titel eines Werkes sollte Leser:innen einerseits neugierig auf das betreffende Werk machen. Er sollte ihnen aber andererseits umgehend vermitteln, welche Informationen in dem Werk zu finden sind und ob das Werk relevant für ihre Arbeit ist. Daher sollte ein guter Titel ein Maximum an Informationen mit einem Minimum an Wörtern vermitteln.

    Antwort (c). Der Sinn und Zweck des Schlussteils ist es, die Argumentation einer Arbeit noch einmal in Kurzform darzulegen. Das geschieht am besten, in dem man die Forschungsfrage noch einmal aufwirft, die These präsentiert und die Argumentation in Kürze noch einmal zusammenfasst. Dh man nimmt im Schlussteil bewusst Redundanz in Kauf. Was jedoch nicht vorkommen darf, sind neue Informationen, die im Hauptteil nicht zu finden sind.

    Antwort (a). In diesem Absatz wird mit dem Hinweis auf “major objetive” das generelle Ziel der Arbeit (i.e., Erkenntnisinteresse) vorgestellt, bevor anschließend mit “it becomes clear that…” die These präsentiert wird.