8  Exzerpte und Literature Review

“[A] literature review is a very specific piece of argumentative writing, based largely on critical review of relevant journal articles, that acts to create a ‘space’ for your research.” (O’Leary 2014, p. 98).

Keywords
  • Markieren und Notieren
  • creative (dis)agreement
  • Exzerpt
  • literature review
  • Forschungslücke
  • Forschungsstränge

8.1 Überblick

In diesem Buch wurde bisher beschrieben, wie man Literatur sucht und zitiert. Aufgabe dieses Kapitels ist es nun zu zeigen, wie man mit der gefundenen Literatur umgeht. Dabei werde ich im ersten Schritt diskutieren, wie man mit Literatur arbeitet und sie zielgerichtet liest. Ich werde erläutern, wie man Notizen macht und wie man wichtige Textstellen markieren kann, um die essentiellen Inhalte besser begreifen zu können. Im zweiten Teil des Kapitels werde ich dann den Fokus auf den “Literature Review” legen. Ich werde argumentieren, welchen Stellenwert diesem Textteil zukommt, wie man den Forschungsstand kategorisieren und daraus ein Argument für die eigene Arbeit ableiten kann.

8.2 Exzerpte

Um einen Überblick über den Forschungsstand in einem Themenbereich zu erlangen und schlussendlich einen Literature Review schreiben zu können, muss man sich zunächst ausführlich mit der relevanten Fachliteratur in diesem Themenbereich auseinandersetzen. Das heißt konkrekt, man muss in der Lage sein, die relevanten Werke (vor allem Bücher und Zeitschriftenbeiträge) zu finden und sie anschließend zu lesen. Dieses “Lesen” bedeutet jedoch nicht, dass man die betreffenden Texte einfach durchliest, sondern dass man beginnt, mit ihnen zu arbeiten. Ziel muss es nämlich sein, die zentralen Inhalte und Erkenntnisse beschreiben und zusammenfassen zu können (Punch 2014, p. 96).

Um dieses Ziel zu erreichen, sollte man Texte durch Markierungen und Notizen so bearbeiten, dass sie für einen selber leichter verständlich werden. Es gibt jedoch kein einheitliches System, wie dabei vorgegangen werden sollte. Schlussendlich entwickelt jede/r eine eigene Systematik, wie man mit Hilfe von Markierungen und Notizen Texte besser erschließt. Ich möchte hier nur exemplarisch mein System vorstellen, um den Leser:innen einen besseren Eindruck zu vermitteln, auf was beim Markieren und Notieren geachtet werden sollte. Wie in Abbildung 8.1 anhand des Beitrags “Contesting Counter-Terrorism: Discourse Networks and the Politicisation of Counter-Terrorism in Austria” (Eder, Libiseller, und Schneider 2021) dargelegt, arbeite ich persönlich mit einem Zwei-Farben-System. Dabei nutze ich eine Farbe zur Markierung von zentralen Begriffen oder von Strukturelementen eines Textes (zB erstens, zweitens, etc.), während ich mit einer zweiten Farbe die Erläuterungen zu diesen Begriffen und Strukturelementen hervorhebe. Mit Hilfe von Bemerkungen am Rand (der Hinweis “Gap” oder “These” im konkreten Beispiel) versuche ich zudem noch mehr Struktur und Übersicht in meine Hervorhebungen zu bringen.

Abbildung 8.1: Markieren und Notieren mit dem Zwei-Farben-System

Das übergeordnete Ziel ist es also, sich mit Hilfe von Markierungen und Notizen den Text zu erarbeiten und damit besser verständlich zu machen. Dabei gilt es aber folgende Punkte zu beachten. Erstens, Hervorhebungen von Textstellen und Notizen machen nur dann Sinn, wenn sie sparsam eingesetzt werden. Wenn auf einer Seite so gut wie alles markiert wurde und man vor lauter Notizen den eigentlichen Text nicht mehr sieht, haben Markierungen und Notizen ihren eigentlichen Zweck verloren. Zweitens, Texte werden immer für einen bestimmten Zweck gelesen. Abhängig vom Thema und dem eigenen Erkenntnisinteresse können aus einem Text unterschiedliche Elemente für das weitere Vorgehen wichtig sein. Das heißt konkret, dass es keine absolut richtige (und einmalige) Art und Weise gibt, Texte mit Hervorhebungen und Notizen zu bearbeiten. Das ist immer abhängig von der konkreten Arbeit und dem Erkenntnisinteresse, für die man einen Text liest.

Schlussendlich geht es nämlich darum, in diesen Texten nach “creative agreement” bzw. “creative disagreement” (Turabian 2007, p. 37-39; Booth, Colomb, und Williams 2008, p. 88-91) zu suchen. Gemeint ist damit, dass man in den Texten nach Argumenten sucht, die die eigene Argumentation entweder kreativ bereichern und unterstützen oder in Frage stellen und daher zur konstruktiven Auseinandersetzung einladen. Wissenschaftliche Texte sollten nur dann weiterverwendet werden, wenn eines dieser beiden Elemente im Text enthalten ist. Liest man zum Beispiel den zehnten Beitrag zu einem Thema, der kein neues Argument (egal ob unterstützend oder ablehnend) bringt, macht es wenig Sinn diesen Text in die eigene Arbeit einzubauen. Durch das Lesen von und Arbeiten mit Literatur, entwickelt sich das eigene Forschungsprojekt stetig weiter. Das heißt, durch “creative (dis)agreements” auf die man in anderen Texten stößt, entwickelt man das eigene Storyboard (siehe Kapitel 4.4) weiter und aktualisiert es damit im Laufe des Lesens ständig (Turabian 2007, p. 45).1

1 Auf was man beim Anfertigen von Notizen noch achten sollte, zeigt dieser Blogbeitrag.

Längerfristig reicht es jedoch nicht aus, Texte mit Hilfe von Hervorhebungen und Notizen zu bearbeiten. Um sie für die eigene wissenschaftliche Arbeit besser nutzen zu können, müssen Texte mit Hilfe von Exzerpten erschlossen und damit längerfristig zugänglich gemacht werden (Booth, Colomb, und Williams 2008, p. 95). Theisen (2005, p. 121) versteht unter einem Exzerpt einerseits die Zusammenfassung eines Textes, andererseits aber auch die wörtliche Wiedergabe von Textstellen aus einem Werk. Das Anfertigen von Exzerpten erfordert eine intensive Auseinandersetzung mit Texten und trägt somit neben der längerfristigen Nutzbarkeit von Texten auch zu einem verbesserten Textverständnis bei (Theisen 2005, p- 121; Turabian 2007, p. 37 and 43).

Ähnlich wie bei Hervorhebungen und Notizen gibt es auch für Exzerpte keine einheitliche Vorlage, wie diese konzipiert sein sollten. Ziel eines Exzerpts muss es am Ende des Tages aber sein, einen Text auch nach längerer Zeit vollständig erschließbar und damit für die wissenschaftliche Auseinandersetzung nutzbar zu machen. Faktisch arbeiten Autor:innen nach dem Lesen und Exzerpieren von Texten vor allem auf Grundlage der Exzerpte und greifen auf die eigentlichen Texte (Bücher und Zeitschriftenartikel) nur dann zurück, um gewisse Stellen zu überprüfen oder noch einmal im Detail nachzulesen. Daher ist es auch wichtig, Exzerpte so sauber wie möglich anzufertigen, um einerseits den maximalen Nutzen aus ihnen zu generieren (dh, die Inhalte eines Textes rasch wieder erschließbar zu machen), andererseits aber auch nicht Gefahr zu laufen, durch unsaubere Exzerpte ungewollt zu plagiieren.

Ich möchte daher im Folgenden eine Möglichkeit darstellen, wie ein sauberes Exzerpt aussehen kann. Der Argumentation von Turabian (2007, p. 40) folgend, rate ich zur Ausarbeitung einer Vorlage, die für alle Exzerpte zur Anwendung kommt. Diese Vorlage sollte aus drei Teilen bestehen: (1) einem Kopf mit allen bibliographischen Angaben zu einem Text; (2) der Zusammenfassung der zentralen Erkenntnisse/Elemente eines Textes (i.e., Problemstellung, Erkenntnisinteresse, Thesen, Forschungsdesign, Vorgehensweise); und (3) der detaillierten Argumentation sowie Paraphrasen und prägnanten direkten Zitaten.

Die exakte Angabe der bibliograhischen Angaben dienen dazu, den Text in weiterer Folge richtig belegen und ihn damit im Literaturverzeichnis aufnehmen zu können. Ich empfehle in diesem Zusammenhang, den Text gleich in eine Literaturdatenbank aufzunehmen.2

2 Welchen Vorteil die Nutzung von Literaturdatenbanken und Zitierprogrammen haben, wird an anderer Stelle genauer erläutert.

Bei der Zusammenfassung der zentralen Elemente eines Textes geht es darum, die Problemstellung, das Erkenntnisinteresse, das Forschungsdesign, die Fallauswahl, die These und Ergebnisse einer Arbeit, sowie die Vorgehensweise kurz und prägnant darzustellen. Auf diese Weise können die Eckpunkte eines Werkes rasch erfasst werden und mit anderen Werken leichter verglichen wird. Das ist vor allem bei der Anfertigung des Literature Reviews von Bedeutung.

Abschließend sollten noch direkte Zitate und Paraphrasen aus dem Text, sowie eigene Gedanken im Exzerpt aufgenommen werden. Direkte Zitate (die man als solche auch mit Anführungszeichen erkenntlich machen muss) sollten im Exzerpt dann angeführt werden, wenn sie “strikingly original” (Booth, Colomb, und Williams 2008, p. 97) sind und entweder einen Sachverhalt besser ausdrücken, als man es durch eine Paraphrase selber könnte. Oder wenn das Zitat so prägend ist, dass es in weiterer Folge im Text verwendet werden könnte.

Paraphrasen werden wiederum genutzt, um Argumente zusammenzufassen. Sowohl bei direkten Zitaten als auch bei Paraphrasen ist besonders darauf zu achten, dass sauber gearbeitet wird und nicht durch unsauberes Zitieren die Grundlagen für ein späteres Plagiat gelegt werden. Das gilt auch für das Hinzufügen eigener Gedanken. Es muss in einem Exzerpt eindeutig ersichtlich sein, welche Teile den Urheber:innen der Texte gehören, und welche Teile den Autor:innen und ihren eigenen Gedanken zuzuschreiben sind (Theisen 2005, p. 121).

Sowohl bei der Zusammenfassung der zentralen Elemente als auch bei direkten Zitaten und Paraphrasen ist darauf zu achten, dass die Seitenzahl der jeweiligen Textstelle festgehalten wird. Ohne eine solche Seitenzahl ist das Exzerpt unbrauchbar, weil die Inhalte nicht zitiert und somit nicht weiterverwendet werden können.

Wie ein solches Exzpert aussehen könnte, versuche ich in Abbildung 8.2 darzustellen. Wie von mir empfohlen, beginnt das Exzerpt mit einer genauen bibliographischen Angabe des Textes, die somit in weiterer Folge problemlos in ein Literaturverzeichnis aufgenommen werden kann. Anschließend werden die zentralen Elemente des Textes, das sind in diesem Fall das Erkenntnisinteresse, die Forschungslücke, die These, das Forschungsdesign, die Ergebnisse und die Einschränkungen des Beitrages kurz und prägnant zusammengefasst.

Abbildung 8.2: Beispiel eines Exzerpts des Textes von Eder, Libiseller, und Schneider (2021)

Dabei paraphrasiere ich einerseits um zusammenzufassen (siehe zB Forschungsstränge) oder baue bewusst direkte Zitate (siehe zB These und Ergebnisse) ein, weil diese Inhalte entweder so zentral sind, dass ich sie nicht verkürzt darstellen will, oder weil sie so prägnant sind und ich vielleicht später wieder auf sie zurückgreifen möchte. Egal ob Zusammenfassungen, Paraphrasen oder direkte Zitate, es werden immer die Seitenzahlen der betreffenden Stellen angeführt, damit direkt darauf verwiesen werden oder man zu einem späteren Zeitpunkt auf der betreffenden Seite noch einmal die Details nachlesen kann.

Die eigenen Gedanken am Schluss dieser Seite wurden farblich abgehoben und eingerückt damit klar ersichtlich ist, dass es sich hier nicht um die Gedanken der Urheber:innen handelt, sondern um die Gedanken jener Person, die das Exzpert angefertigt hat.

Ein solches Exzpert würde natürlich noch weitergehen und die Inhalte und Argumente des Textes auf weiteren Seiten zusammenfassen. Auch wenn man geneigt ist, alle Informationen eines Werkes in einem Exzerpt festzuhalten, rate ich eher dazu, nur jene Elemente zu exzerpieren, die man für das eigene Forschungsprojekt auch wirklich braucht. Geht es nämlich vor allem um das Forschungsdesign, so sollte der Schwerpunkt des Exzperts auf diesem Kapitel liegen und weniger auf der Darstellung des Forschungsstandes zum Thema “Counter-Terrorism” generell.

Wie man anhand dieses Beispiel noch sieht, habe ich den rechten Rand der Seite bewusst größer gestaltet. Das muss man nicht machen, ist für meine Arbeitsweise aber extrem hilfreich, da ich nach dem Ausdruck des Exzperts auf Papier immer noch genügend Platz habe, um handschriftliche Bemerkungen hinzuzufügen.

8.3 Literature Review

Das Verfassen von Exzerpten lohnt sich spätestens beim Schreiben eines Literature Reviews, der wohl zu den essentiellsten Teilen einer jeden wissenschaftlichen Arbeit zählt. Unter einem solchen Literature Review versteht man folgendes:

Definition

“[A] literature review is a very specific piece of argumentative writing, based largely on critical review of relevant journal articles, that acts to create a ‘space’ for your research.” (O’Leary 2014, p. 98)

Wie diese Definition zeigt, geht es bei diesem Textteil vor allem darum, durch das kritische Lesen und Reflektieren wissenschaftlicher Literatur ein Argument zu entwickeln und zu zeigen, welche Lücke in der Forschungslandschaft besteht und behoben werden sollte. Damit kommen dem Literature Review nach O’Leary (2014, p. 99) drei Aufgaben zu. Erstens muss es gelingen die eigene Arbeit in einen Kontext mit bereits bestehenden wissenschaftlichen Werken zu dem Thema zu setzen (Punch 2014, p. 97) und damit den Leser:innen einen inhaltlichen und argumentativen Überblick über das Forschungsfeld zu geben.

Zweitens müssen Autor:innen mit Hilfe des Literature Reviews Glaubwürdigkeit erzeugen und den Leser:innen damit signalisieren, dass sie dem Thema inhaltlich gewachsen sind. Erst dann ist es für die Leser:innen sinnvoll, sich mit dem Werk intensiv auseinanderzusetzen (Randolph 2009, pp. 1-2). Ein guter Literature Review signalisiert aber nicht nur den Leser:innen, dass die Autor:innen Ahnung vom Thema haben. Durch die intensive Auseinandersetzung mit der Forschungslandschaft erarbeiten sich Autor:innen ein Thema noch intensiver und verbessern damit ihr eigenes Verständnis des Gegenstands. Und drittens muss es mit Hilfe eines Literature Reviews gelingen, eine Forschungslücke zu entdecken. Aufgabe einer jeden wissenschaftlichen Arbeit ist es nämlich, wissenschaftliches Neuland zu betreten. Der Literature Review hat daher die Aufgabe darzulegen, welche Lücken noch offen sind und warum es wichtig ist, diese zu schließen (Powner 2015, pp. 55 & 63; Hart 2009, p. 13).

Genauso wichtig wie zu klären, was ein Literatur Review ist und welche Aufgabe er hat, ist es laut Powner (2015, pp. 57-58) aber auch darzulegen, was nicht darunter verstanden wird. Unter einem Literatur Review versteht man demnach nicht eine Aneinanderreihung von Zusammenfassungen jedes einzelnen Artikels, den man gelesen hat. Auch der historische Hintergrund und die generelle Entwicklung eines Forschungsfeldes darf nicht mit einem Literature Review verwechselt werden. Nur jene Werke, die einen Mehrwert für die eigene Argumentation haben und daher auch zitiert werden, dürfen in diesen Textteil mitaufgenommen werden.

Ziel des Reviews ist es schlussendlich, die Forschung zu einem Thema so zu organisieren, dass eine Struktur erkenntlich wird. Werke sollten klassifiziert und in unterschiedliche Forschungsstränge unterteilt werden (Hart 2009, p. 143-144; Powner 2015, p. 69). Es geht also darum, in den einzelnen Werken nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden zu suchen, und die Werke auf diese Art in Gruppen zu unterteilen (O’Leary 2014, p. 98; Punch 2014, p. 101-102). Es geht dabei nicht unbedingt um die Bedeutung einzelner Werke, sondern um ihre übergeordnete Bedeutung im Kontext. Daher ist der Begriff der Forschungslandschaft, die es zu analysieren gilt, auch so treffend. Beschreibt man zum Beispiel einen Wald, so tut man dies auch nicht, indem man jeden einzelnen Baum im Detail beschreibt. Es macht vielmehr Sinn, die größeren Strukturen zu beschreiben (also darzulegen, aus welchen Baumgruppen der Wald besteht). Eine Forschungslandschaft gleicht daher auch einem Mosaik, dessen Gesamtheit man nicht durch die Beschreibung der einzelnen Steinchen erfassen kann, sondern durch Gruppen von Steinchen, die größere Flächen ausmachen.

Powner (2015, p. 63) hat diese Aufgabe treffend dargestellt, wenn er schreibt: “You are reviewing and critiquing the literature, not the individual pieces in it. Look for gaps and weaknesses and lacunae at the broader level of the whole body of scholarship… Look across pieces more than down into individual ones.”

Wie ein Literature Review in der Praxis aussehen kann, möchte ich am Beispiel von Eder (2023, pp. 517-519) demonstrieren. In diesem Aufsatz geht es darum, die Diskursnetzwerkanalyse (Discourse Network Analysis, DNA) als Methode für die Außenpolitikanalyse vorzustellen. Das übergeordnete Ziel dieses speziellen Literature Reviews muss es daher sein, einerseits die Methode und ihre Entwicklung an sich vorzustellen, und andererseits zu argumentieren, warum sie sich (auch) für die Analyse von Außenpolitik eignet. Die Analyse des Forschungsstandes beginnt daher mit einer Erklärung des Ursprungs der Methode (blau hinterlegt), einer Beschreibung, warum es zur Entwicklung dieses Ansatzes überhaupt kam (grau markiert) und der Nennung der entsprechenden Werke (orange hervorgehoben).

DNA originated in the late 2000s with the works of Schneider, Janning, Leifeld, and Malang, who investigated the role of political networks in public policy (Janning et al. 2009). The overall goal of this research programme was to evaluate the benefits of social network analysis for the study of political processes, especially in the realm of public policy, and to determine its applicability to this policy field. Philip Leifeld then advanced and formalized the approach in his PhD thesis on German pension politics (Leifeld 2016, 2013), laying the foundations for DNA’s development into a promising tool for grasping the content and dynamics of policy debates.

In den nächsten Absätzen wird die Forschungslandschaft zum Thema Diskursnetzwerkanalyse in vier Forschungsstränge unterteilt. Dabei wird jedem Forschungsstrang ein Absatz gewidmet, und diese Absätze werden auf eine ähnliche Art und Weise aufgebaut (Stichwort “parallel construction”, siehe Kapitel 4.3). Es wird zunächst auf den jeweiligen Forschungsstrang hingewiesen (blau hinterlegt), dann erklärt, was die Kennzeichen dieses Stranges sind (grau markiert), und jeweils konkrete Beispiele für Arbeiten zu diesem Forschungsstrang und etwaigen Details vorgestellt (orange hervorgehoben).

Ever since, scholars have applied DNA in a variety of cases and have thereby contributed to a vivid research community and the emergence of four interdependent streams of research. Studies in the first stream apply DNA to cases from the field of public policy, and they further develop and refine the approach. The DNA provides the framework for analysing public policies in different geographical regions and diverse political systems, such as energy policies (Rinscheid 2015), software patents, and property rights in Europe (Leifeld and Haunss 2012), agricultural policies in Brazil (Ghinoi, Wesz Junior, and Piras 2018), or health policies in the UK (Buckton et al. 2019; Hilton et al. 2020). All these studies underline the usefulness of the approach for both displaying the content of a policy debate and visualizing the attempt of policy actors to influence the policy process in their favour by building coalitions of like-minded.

Während also im ersten Forschungsstrang das verbindende Element eine vertiefte empirische Auseinandersetzung mit der Methode im ursprünglichen Politikfeld (i.e., public policy) ist, geht es im zweiten Forschungsstrang um die methodische Verfeinerung und Weiterentwicklung des Ansatzes.

In contrast to these contributions, studies in the second stream seek to methodologically advance DNA. On the one hand, they move forward from sole description to inference (Leifeld 2018). The goal of these contributions is to identify “the generative mechanisms behind policy debates” (Leifeld 2020, 181), and to uncover the structural causes of continuity and change in such debates (see also van Meegdenburg in this volume). On the other hand, these studies move beyond the qualitative analysis of political claims and apply natural language processing, such as machine learning, for a supervised classification of statements (Haunss et al. 2020; Lapesa et al. 2020).

Man könnte natürlich zu jedem dieser Werke mehr schreiben. Ziel dieses Literature Reviews ist es aber einerseits die Entwicklung des Ansatzes in groben Zügen zu umreißen und andererseits zu argumentieren, warum diese Methode nicht nur für die Analyse von public policy (also innenpolitischen Phänomenen) geeignet ist, sondern auch in der Außenpolitikanalyse angewendet werden kann. Im Forschungsstrang drei wird daher schon etwas ausgiebiger dargelegt, dass zunehmend mehr Studien auch transnationale Phänomene (also Phänomene im Schnittpunkt von Innen- und Außenpolitik) mit Hilfe von DNA analysieren.

A steadily increasing number of studies in the third stream apply DNA to policies that are transnational in character. These studies bridge the divide between domestic public policies and the international arena. Most of these studies investigate the dynamics of political debates in the field of climate change and the regulation of carbon dioxide in the United States (Fisher, Leifeld, and Iwaki 2013; Fisher, Waggle, and Leifeld 2013; Kukkonen, Ylä-Anttila, and Broadbent 2017; Fisher and Leifeld 2019) or Italy (Ghinoi and Steiner 2020). Others investigate international financial politics (Haunss 2017) or migration (Wallaschek 2020). The contributions in this stream have demonstrated how to successfully integrate actors from different levels of analysis into a single and coherent framework for analysing political processes. Furthermore, they have underlined that policy debates are increasingly becoming transnational and pluricentric, with a variety of actors seeking to participate.

Damit wird es dann im folgenden Absatz möglich zu zeigen, dass im vierten (und jüngsten) Forschungsstrang DNA bereits in wenigen ausgesuchten Fällen für die Analyse von Außenpolitik genutzt wurde. Auch wenn es hier noch vergleichsweise weniger Studien als in den anderen Forschungssträngen gibt, ist es durchaus sinnvoll genauer ins Detail zu gehen. Es muss schlussendlich ja argumentiert werden, dass DNA nicht nur für public policy, sondern auch für die Analyse von Außenpolitik einen Mehrwert hat.

The fourth and final stream is the most recent one and seeks to apply DNA to the realm of foreign and security policy. Eder (2019) refers to DNA for analysing instances of group decision-making in the Bush cabinet in course of the run-up to the Iraq War of 2003. He applies the approach to public speeches and interviews of key decision-makers. Instead of indirectly inferring hasty concurrence-seeking from the presence of antecedent conditions or from final symptoms of groupthink, he is able to visualize non-public decision-making in group settings. Thereby, he unveils concurrence-seeking mechanisms and contributes to the methodological advancement of groupthink (see also Barr and Mintz in this volume). Troy (2019) also refers to DNA, displaying 80 years of papal human rights discourse against the backdrop of global developments. He determines the central figure in this discourse (i.e., Pope John Paul II) and characterizes Pope Francis I as a crucial transformer of the debate. The influence of different feminist perspectives on Canada’s foreign policy is in the focus of interest in the study of Morton, Muchiri, and Swiss (2020). They seek to understand how and which feminist perspectives impact Canadian foreign policy and its implementation in various fields.

Finally, Eder, Libiseller, and Schneider (2021) discuss how domestic politics, especially government-opposition dynamics and the perception of political opportunities, determine a country’s foreign and security policy in the case of counter-terrorism. Applying DNA, they conclude that this policy field “is highly politicised and contested and resembles any other ‘normal’ policy field in democratic societies” (Eder, Libiseller, and Schneider 2021, 172).

Mit Hilfe dieses Vorgehens (Nennung des Forschungsstrangs, Beschreibung der Kennzeichen des Forschungsstrangs, Auflistung von Studien im Forschungsstrang) wird es damit im letzten Absatz möglich, ein Argument (grau markiert) anzuführen, warum DNA auch in der Außenpolitikanalyse angewendet werden sollte.

This last and most recent stream of research has demonstrated the potential of applying DNA to the study of foreign and security policy. On the following pages, I will outline the basic foundations of the approach and elaborate why scholars should consider this method more seriously when investigating the foreign policy decision-making of states. As I will demonstrate, DNA allows scholars to investigate the content and the dynamics of a debate, and display the actors and coalitions as the carriers of these political debates that either cause foreign policy to change or to remain in the status quo.

Mit diesem Literatur Review wurden den Leser:innen daher drei zentrale Punkte vermittelt. Erstens erhalten sie einen Überblick über die Entwicklung und die unterschiedlichen Aspekte der bisherigen Forschung zu diesem Thema. Zweitens können Autor:innen Glaubwürdigkeit vermitteln, weil es ihnen gelingt, den Themenbereich zu strukturieren und organisieren und die zentralen Werke zu nennen. Und drittens wird mit dem Literature Review frei nach O’Leary (2014, p. 98) ein Argument entwickelt (Sichtwort der Literature Review “a very specific piece of argumentative writing”), um eine Forschungslücke aufzumachen und die eigene Arbeit zu rechtfertigen (“to create a ‘space’ for your research”).

8.4 Zusammenfassung

Ziel dieses Kapitels war es zu zeigen, wie man mit wissenschaftlicher Literatur umgeht. Dazu habe ich im ersten Schritt dargelegt, wie man sich mit Hilfe von Notizen und Markierungen Texte besser erarbeitet und damit ein tieferes Verständnis von deren Inhalten bekommt. Darauf aufbauend habe ich gezeigt, welchen Mehrwert Exzerpte haben, wie diese aufgebaut sind, und warum es wichtig ist, wissenschaftliche Texte mit Hilfe von Exzerpten über einen längeren Zeitraum hinaus erschließbar zu machen.

Im zweiten Teil dieses Kapitels habe ich schließlich argumentiert, wie diese Exzerpte eingesetzt werden können, um einen Literatur Review zu schreiben. Dabei habe ich dargelegt, wie man die Forschungslandschaft zu einem Thema organisieren und strukturieren kann. Ich habe gezeigt, warum man aus diesem Textteil ein Argument für eine Forschungslücke ziehen muss und inwiefern ein solcher Literature Review den Leser:innen mehr Kontext und Orientierung bietet und gleichzeitig die Glaubwürdigkeit der Autor:innen stärkt.

Weiterführende Informationen

Literaturtips und Arbeitsmaterialien
  • Hart, Chris. 2009. Doing a Literature Review: Releasing the Social Science Research Imagination. London et al.: Sage.

  • “Reviewing Literature”, In O’Leary, Zina. 2014. The Essential Guide to Doing Your Research Project. 2. ed. London, et al.: Sage, 85-104.

  • “Doing Pre-research”, In Powner, Leanne C. 2015. Empirical Research and Writing: A Political Science Student’s Practical Guide. Los Angeles, CA: Sage, 55-80.

  • Präsentation (pdf)

  • Präsentation (html)

Antwort (b). Um Texte auch nach längerer Zeit wieder erschließbar zu machen, ohne sie erneut lesen zu müssen, sollte man ein Exzerpt anlegen, in dem die zentralen Eckpunkte eines Werkes und die wichtigsten Argumentationsschritte zusammengefasst werden.

Antwort (c). Literature Reviews sollen den Leser:innen eine Orientierung und einen Überblick über ein Themenfeld geben, damit die Glaubwürdigkeit der Autor:innen stärken und auf argumentative Weise eine Forschungslücke finden. Was ein Literature Review nicht tun soll, ist jedes einzelne Werk zusammenzufassen. Es geht vielmehr darum, die Werke eines Forschungsfeldes zu gruppieren, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu finden und nur zentrale Werke zu nennen.